Interview zum Digital Preservation Day: „Unsere gesamte Kultur basiert auf Daten.“

FK: Lieber Felix, meine erste Frage ist vielleicht etwas unoriginell, aber lass uns erstmal die Basics klären: Was ist eigentlich Digital Preservation?

FB: Bei Digital Preservation geht es darum, Daten über einen längeren Zeitraum vorzuhalten, und wie das Wort “digital” schon andeutet, handelt es sich dabei um digitalisierte Daten. Diese Daten können ganz unterschiedliche Formen haben. Daten aus dem kulturellen Erbe sollen zum Beispiel für die Nachwelt konserviert werden. In meiner Abteilung arbeiten wir hauptsächlich an Projekten zur Sicherung von Forschungsdaten, also Daten, die im Forschungsprozess entstehen – in irgendeiner Phase des Forschungsdatenzyklus. Der Zyklus umfasst die Erhebung der Daten, also beispielsweise Messungen, die in Experimenten durchgeführt werden, oder Befragungen von Nutzergruppen und Ähnliches. Dann gibt es weitere Phasen, in denen diese Daten analysiert werden. Auch Analysesoftware, die dabei entwickelt wird, sollte gemeinsam mit den Forschungsdaten aufbewahrt werden. Es geht also darum, möglichst die Gesamtheit des Forschungskontextes zu archivieren. Am Ende soll idealerweise der Großteil der Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.

FK: Und zwar nicht nur für Wissenschaftler:innen, die jetzt gerade spezifisch in diesem Projekt arbeiten, sondern idealerweise auch für andere Forschende, die ebenfalls von diesen Daten profitieren können, oder?

FB: Ganz genau. Idealerweise sind die Daten für jeden zugänglich. Es gibt jedoch manchmal Einschränkungen, z.B. durch Patente, die die öffentliche Zugänglichkeit beschränken. Aber auch dann gibt es oft einen eingeschränkten Nutzerkreis, der auf die Daten zugreifen und mit ihnen arbeiten kann.

FK: Damit ist klar, dass der Diskurs Digital Preservation eigentlich für alle relevant ist, die in irgendeiner Form Forschung betreiben, weil Forschungsdaten in jeder Disziplin und in jedem Forschungsprojekt anfallen. Somit sind wir jetzt eigentlich auch schon bei der zweiten Frage: Warum ist Digital Preservation so wichtig?

Es ist sinnvoll, offene Formate zu wählen, die sich bewährt haben

FB: Forschung ist sehr ressourcenintensiv und teuer. Oft wird ein großer Aufwand betrieben, z.B. bei Projekten wie dem Teilchenbeschleuniger am CERN, das sind Milliardenprojekte. Auch kleinere Projekte erfordern beträchtliche Ressourcen und sollen sich lohnen. Wenn man das Projekt sorgfältig plant, können die Ergebnisse über das Projekt hinaus genutzt werden, auch zur Beantwortung ganz anderer Forschungsfragen. Digital Preservation hat das Ziel, wertvolle Daten über lange Zeiträume hinweg zu bewahren. Dabei sind verschiedene Voraussetzungen zu berücksichtigen, z.B. in welchem Format die Daten vorliegen. Bei einem Zeitraum von 25 oder 50 Jahren könnte es sein, dass für das ursprüngliche Dateiformat kein Viewer oder Editor mehr existiert. Deswegen ist es sinnvoll, offene Formate zu wählen, die sich bewährt haben.

FK: Warum?

FB: Proprietäre Formate legen ihre Spezifikation oft nicht offen. Wenn sich das Format ändert, weiß man nicht, wie die Daten zu interpretieren sind. Für Forschungsdaten ist es außerdem wichtig, den gesamten Kontext mitzuerfassen, nicht nur die Daten selbst, sondern auch die Bedingungen, unter denen sie entstanden sind – wie Raumtemperatur oder die Geräte, mit denen das Experiment durchgeführt wurde. Diesen Kontext kann man als Metadaten beschreiben, die in organisatorische bzw. administrative, technische und deskriptive Metadaten unterteilt werden.